Donnerstag, 26. Juni 2008

gedanken zum weltnationalismus

Was würde doch alles belastendes von uns abfallen, hätten wir menschen ein weiteres bewusstsein für unsere zugehörigkeit. Wenn man den mainstream der Erdbefölkerung fragen könnte: "Was bist du?" und er würde nicht antworten: "Deutscher", "Kinese", "Tasmanier" oder was auch immer, sondern: "Erdbürger, lebe in Kolumbien." Natürlich würde niemand das genau so formulieren. Die frage "was bist du?" würde bei einem solchen bewusstsein überhaupt nicht mehr mit nationaler zugehörigkeit verbunden werden können. Nationalität hat bei einem weltenbürger nichts mehr mit der persönlichen identifikation zu tun. Man lebt auf einem teil der erde, der einen bestimmten namen trägt, um ihn in kommunikation mit anderen örtlich bestimmen zu können. doch natürlich brauchen wir die heutigen staatenkonstrukte als organisationseinheiten. das will nicht bezweifelt werden. doch warum müssen sie mehr sein, als das? -Weil der mensch etwas braucht mit dem er sich durch identifikation sozialisieren kann, könnte man antworten. - ansonsten zerfällt das gesellschaftsgefüge, jeder braut sein eigenes süppchen, armut, krieg, tod, usw. Eine furchtbare vorstellung. Aber zeigt uns dieser gedankengang doch eines: wir brauchen etwas, wozu wir uns zugehörig fühlen, ein gemeinsamer körper, um schutz zu finden und schutz zu geben. im kleinen wie im grossen: es kann die eigene oder selbstgewählte familie sein, eine firma, ein verein, eine partnerschaft. die anzahl der zugehörigen zur identifikationseinheit ist nicht ausschlaggebend, sondern die schutz-und bedürfnisfunktionen, die sie erfüllt.
doch sind alle "bedürfnisanstalten" für solche schutzfunktionen wirklich geeignet?
die geschichte ist durchwoben mit kriegen zwischen staaten, fussballfans schlagen sich die fressen ein, ebenso blutigen familienfeden, firmen fressen sich und "burn-outen" ihre schützlinge.
die familie hat als schutzhütte in den westlichen ländern hat an bedeutung verloren. viele identifizieren sich mit sich selbst und den um sich gescharten gleichgesinnten. der familienbegriff hat sich globalisiert, könnte man sagen. wohnen und arbeiten in kanada, den parnter in norwegen, freunde überall verteilt, die oma im "alten land", wo auch immer man herkam. doch funktioniert sie deshalb besser oder schlechter? -die antwort bleibt bei jedem individuum selbst.
doch was würde es bedeuten, wenn sich auch das nationalbewusstsein globalisieren würde? man kann sich -nach einigen geburtswehen - das ende des rassismus erhoffen, mehr gerechtigkeit durch global gesteuertes rechtswesen, ende des hungers und der armut in der welt ect.
o wie wunderschön! möchte man jubeln. doch wie immer hängt es von uns menschen ab, was wir daraus machen; genauso gut kann es einen totalitären weltstaat bedeuten, eine weltdiktatur, der keiner mehr entrinnen kann. ein global-mitfühlender, verbindender geist muss den antrieb dazu geben. wie weit sind wir von einem solchen bewusstsein wohl noch entfernt? - wenn wir eine solche vision schon formulieren können, ist sie bereits am horizont unserer geschichte zu sehen. dann kann es ja nicht mehr all zu weit sein...
quak - 30. Jun, 20:12

da ist was dran

In Deinem Artikel stecken interessante Gedanken. Heute morgen hat ein Herr Lemke im Deutschlandfunk weitere Eindrücke dazu angemerkt. U.a. bezweifelt er, dass es den Fussballfans unbedingt um den Sport geht. Lesenswert, naja gibt's auch als Audio On Demand...
Ich habe leider keine Ahnung von Fussballfans und sehe mich nicht unbedingt in der Lage, deren Ziele zu ergründen. Aber ich sehe in Massenveranstaltungen insgesamt immer dann eine Gefahr, wenn sich ein harmloses Thema (Sport) mit einem nicht so harmlosen (Nationalismus) verbündet. Man kann - wie die Geschichte zeigt - über solche Veranstaltungen sehr gut die Massen manipulieren.

vordenkerin - 1. Jul, 22:24

Danke

für den interessanten Verweis! ich habe mir die textversion mal durchgelesen. nicht uninteressant, der Aspekt sportliche ereignisse als stimulanzmittel für die politik (innen und außen) eines landes zu sehen. daran hatte ich noch gar nicht gedacht. aber klar, alle schauen auf dich, als WM-austräger. Dazu erwähnt Lemke auch Kina mit seinem "Olympia-Problem" (OP). Das Land ist unter Beobachtung, besonders in ethischer Hinsicht: "Seid ihr auch lieb, ihr da in Kina? Menschenfreundlich und gerecht und so? Lasst ihr jetzt endlich mal die armen Tibeter in Ruhe?"
Vor dem OP sprach man lediglich von den Riesenchinesen mit der Megawirtschaft, welche die USA wirtschaftlich killen werden, die, welche auch Europa kulturell und ökonomisch gefährlich werden können. Der Sport lässt nun auf andere Werte fokussieren.

Ich verstehe Lemkes Befremdung, wenn er die partymache im stadion sieht und den sportgeist vermisst. Mir macht das Angst. Ich frage mich unweigerlich: "Nach wieviel Bier werden sie `Heil Fussball´ schreien, wenn sie jemand dazu stimuliert und einfach wieder eine lenkbare, eigenwillenlose masse bilden?"
Solange Nationalität noch Identität bedeutet werden die Nationalpartys wohl inn bleiben.
Das führt mich zur nächsten brickelnden Frage: Was ist eigentlich dieses Ding "Identität". Und wie kann man das Nationale da rausziehen? Und was würde das nützen?
quak - 2. Jul, 21:40

Bier, Heil

... und braucht es dieses Bier überhaupt? Klar das Bier kann vieles vereinfachen.
Aber es ist auch möglich, durch eine gezielte Auswahl von Feindbildern eine Gruppe zusammenzuschweißen - grade in wirtschaftlich schlechten Zeiten kann ein äußeres Übel, auf das man seine ganze Wut projizieren kann, Wunder bewirken. Gleichzeitig dann noch auf einem vermeintlich unpolitischen und einfachen Gebiet wie dem Sport dann noch aktiv zu sein verstärkt dann die ganze Dynamik noch.

vordenkerin - 2. Jul, 22:28

brot spiele

klar, das spielchen kennen wir ja schon vom alten cäsar. man kann wohl nie wirklich die menschen um sich herum (zum beispiel die tausende von fussballfans die auf die plätze ziehen) einschätzen, in dem, ob sie bei einem solchen "brot-spiele-spiel" mitmachen werden oder nicht. vielleicht ist die hälfte davon im gesetzten falle doch schlauer als sie rumschreien und verweigern oder stellen sich dagegen. der bildungsstandard hierzulande würde dafür sprechen -oder möchte es wenigstens. wir können es leider erst wissen, wenn es passiert.
gestern fragte ich einen menschen: "du bist doch fussballfan und fieberst mit für deutschland. warum, was bedeutet das für dich?" -ich erhielt nur schwammige antwort-auswürfe wie: "ist halt so", "nationalstolz gehört eben dazu", "geht eben nicht ohne", "würde was fehlen". "was würde dir denn fehlen?" - "ja eigentlich nix, bei uns in der firma ist eh alles multikulti, die meisten können gar kein deutsch". ok... mein eindruck ist, dass das nationalding für diesen menschen eine eigentlich leere hülse ist, in die er sich kleidet, um sich zugehörig zu fühlen, wenn sich eine gelegenheit ergibt. ansonsten spielt sie für ihn, glaube ich, keine tragende rolle in seinem leben. doch genau dieser mensch reagiert absolut aggressiv, wenn man während eines fussballspiels witze über "seine" mannschaft reist. da scheint mir, wie du schon schreibst, quak, die nationalhülse ein gutes mittel zum aggressionsabbau zu sein. und genau das finde ich so schade, wenn das menschen draus machen. aber eigentlich, wenn man gütig sein will, deutet das lediglich darauf hin, das diese menschen andernorts in ihrem leben arge probleme haben. sozusagen lediglich ein leeres ausweichmanöver. traurig, oder?

quak - 3. Jul, 20:59

ansonsten spielt sie für ihn, glaube ich, keine tragende rolle in seinem leben.
wenn das mal so ist. Ich habe den Eindruck, dass die Anzahl der Deutschlandfahnen, die man auch zwischen den sportlichen Großereignissen sieht, immer weiter zunimmt. Es könnte also - im Extremfall - auch eine sich immer weiter verstärkende Entwicklung sein.
Die Stimmung, die jetzt bei der EM zu spüren war, stand der Stimmung bei der WM in nichts nach - obwohl die WM viel bedeutender ist. Auch hier wird etwas extremer - in krasser Ausprägung dann bei den Übergriffen in Dresden auf Türken.

Was wäre eigentlich passiert, wenn die Deutschen verloren hätten?

„Ich bin. Wir sind. Das ist genug. Nun haben wir zu beginnen. In unsere Hände ist das Leben gegeben."

(Aus "Geist der Utopie" von Ernst Bloch)

alles, was der mensch sich vorstellen kann, ist möglich

aus dieser überzeugung heraus werden hier die mannigfaltigen möglichkeiten der zukunft visioniert, erzählt und gesammelt.

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