Dienstag, 1. Juli 2008

Das Ding Identität

Was bitte ist das eigentlich; Identität? - Das mit dem man sich identifiziert, Mann, weiss doch jeder! Ja, ja, aber was heisst das denn genau? Und welche Rolle spielt das überhaupt?

Ich fange einfach mal irgendwo an und behaupte, dass Identität etwas ist, was uns Menschen die Frage nach dem "Wer bin ich?" beantwortet. Das hört sich doch gleich nach Selbstfindungsseminaren an ... Da geht es doch darum, sich selbst zu finden, die innere Mitte und soweiter ...
Wenn man sich fragt: Was ist dieses Menschending eigentlich, das sich diese Frage stellt?, könnte man antworten:
"Ein Wesen, welches durch fünf (sechs ...) Sinne wahrnimmt, reflektiert denken kann und fühlt."
Wenn du aber ein solches Wesen selbst fragst, wer es denn sei, bekommst du in einem Selbstfindungseminar vielleicht eine solche Antwort:
"Ich heiße Miquel und lebe gerade in einer schwierigen Beziehung und muss mir um einiges klar werden". Wow, dieser fokus nach innen kommt einem eventuell zu krass vor.

Und jetzt fragen wir mal so ein Wesen auf einem beliebigen Gehweg, wer es denn sei und es antwortet uns: "Italiener". Häh?
Ah, ok, das heisst du sprichst hauptsächlich italienisch, isst Pizza, bist politisch konservativ und flirtest gerne heiß.
Etwas oberflächlich, aber es kommt uns wahrscheinlich vor. Das muss doch der kulturelle Hintergrund dieses Menschen sein, oder? Das heißt dann wohl, dass Nationalität was mit Kultur zu tun hat. Ist Nation=Kultur? Das scheint zu einfach ...
Wie schmeckt dann der Gedanke, dass Nation Kultur eingrenzt, und zwar geografisch? Da ist die Grenze, ab da kommen die Anderen (in Deutschland: Ab da essen sie Frösche und wollen nicht mit dir reden, ab da wollen sie immer ihr eigenes Süppchen brauen, ab da kommen die armen Schweine, die bei uns die Drecksjobs machen, ab da ist alles flach und man kann den Leuten in die Fenster reinkucken, da ist das Meer und die dahinter machen eh alles besser als wir).

Dann müsste die Globalisierung doch auch eine Auflösung der Nationen bewirken. Oder ist es auszuschließen, dass mit dem In-und Export von Waren nicht auch Kultur in-und exportiert wird?
Es ist anzunehmen, dass viele National-identifizierer davor Angst haben.

Doch zurück zu unseren beiden Befragten, dem Selbstsucher und dem Italiener: Der Eine identifizert sich mit seiner persönlichen Situation als Mensch in Beziehung zu anderen Menschen. Er nimmt sich als Individuum war, das leidet und sich heilen will. Damit erhofft er sich auch Heilung für sein Beziehungen.

Der Andere zeigt uns mit seiner Antwort eine reine Aussensicht von sich. ein Italiener, von vielen, keine info darüber, wie er sich fühlt, was er denkt, eine Entwicklung des festgelegten bildes scheint rein durch politische Ereignisse oder persönliche Erfahrungen mit Italienern möglich.
Die Nationalität scheint also eine Art äussere Schale zu sein. Einfach und immer kleidsam, weil allgemein verständlich und: Langweilig. Und einengend. Und oft unrealistisch. Jetzt ist man zum Beispiel Deutscher und hat gar keine Lederhosen -der Norweger glaubt dir erst gar nicht oder ist tief enttäuscht.
Man könnte hier noch viele scherzelnde Bemerkungen über nationale Eigenheiten machen, man kann es aber auch lassen. Sie würden nur weiterhin die kulturellen Abtrennungen durch Nationen festigen.
Wäre es nicht viel schöner, wir würden uns durch Verbindungen identifizieren, nicht durch Trennungen?

Nun habe ich hier viel im Brei herumgeschrieben und sehe noch unzählige Äste bis zur Spitze des Baumes ...
Sprache, sozialer Status, Beziehungsgefüge, Randgruppen, Mann-Frau ect.
Später mehr dazu und ich freue mich auf und über jeden Beitrag zum "Identitätsding"!
quak - 2. Jul, 21:53

Du legst ja ganz schön was vor...

Nur kurz:

Ich würde gerne das Ganze etwas anders betrachten:

Wir haben immer weniger gut fassbaren Gruppen in der Gesellschaft - die Menschen haben immer weniger Lust, Kompromisse einzugehen und sich diesen Gruppen (Gewerkschaften, Parteien) unterzuordnen bzw. wenn man sich unterordnet, dann oft nur temporär.
Natürlich bieten auch Gruppen, die ziemlich inhaltsleer bzw. eine gute Projektionsfläche für eigene Interessen darstellen, hier gute Möglichkeiten, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Sportmannschaften oder "Volksgemeinschaften" sind dafür ideal.

vordenkerin - 2. Jul, 22:36

was meinst du mit "weniger gut fassbaren gruppen in der gesellschaft?" meinst du die szenebildung (freaks, grufties, hippies ect.)? die gewerktschaften und parteien sind doch eigentlich durch ihre programme ganz gut fassbar, oder?

du spielst auf die zunehmende individualisierung in der gesellschaft an, oder?
meinst du, dass viele menschen sich momentan nur gruppen anschließen, um egoistische interessen zu verfolgen?

sicherlich, doch es gibt ja auch noch das bedürfnis nach zugehörigkeit, schutz und nähe. und damit verbunden auch die einsamkeit und sehnsucht danach.
es gibt die theorie, dass wir durch die zunehmende individualisierung und selbstfixierung irgendwann auf einen punkt stoßen, wo wir aus eigenem antrieb zurückfinden in gemeinschaftliches leben und denken. und das gefestigte gefühl für uns selbst und unserer bedürfnisse mitnehmen. dabei kann dann eine gesündere und lebendigere gesellschaft entstehen, als sie vorher existierte. schönes bild, oder? ich will gerne daran glauben.
quak - 3. Jul, 20:45

entschuldige meine unklarheiten

was meinst du mit "weniger gut fassbaren gruppen in der gesellschaft?"
ich bin der meinung, dass sich die Gruppen, die konkrete Ziele verfolgen, wie z.B. Parteien, eine starke Kompromissfähigkeit des Einzelnen voraussetzt. Und diese Kompromissfähigeit oder die Kompromisswilligkeit geht immer weiter verloren. Dadurch verlieren diese Gruppe immer mehr Anhänger.

meinst du, dass viele menschen sich momentan nur gruppen anschließen, um egoistische interessen zu verfolgen?
Im Endeffekt, ja. Es geht darum, möglichst schnell einen persönlichen Vorteil aus einer Gruppe zu ziehen. Wenn eine Gruppe diesen schnellen persönlichen Erfolg nicht bieten kann (z.B. weil eine längere Einarbeitung in ein Thema notwendig ist) hat sie in der heutigen Gesellschaft einen massiven Wettbewerbsvorteil. Gleichzeitig beschränkt sich der Sinn immer mehr auf monetären, sexuellen, Spass-technischen und hierarchischen Erfolg. Ein Sinn im Sinne von gesellschaftlichem Vorankommen o.ä. geht verloren.

es gibt die theorie, dass wir durch die zunehmende individualisierung und selbstfixierung irgendwann auf einen punkt stoßen, wo wir aus eigenem antrieb zurückfinden in gemeinschaftliches leben und denken. und das gefestigte gefühl für uns selbst und unserer bedürfnisse mitnehmen. dabei kann dann eine gesündere und lebendigere gesellschaft entstehen, als sie vorher existierte. schönes bild, oder? ich will gerne daran glauben.
ja, ich war auch früher Anhänger einer solchen Theorie (naja, damals war es meine eigenen Theorie). Ich hatte immer die makabere Hoffnung auf einen erneuten atomaren Supergau, um die Menschheit von dieser Technologie abzubringen.
Ich denke, dass die Katastrophe zu großen Lernerfolgen führen kann.

„Ich bin. Wir sind. Das ist genug. Nun haben wir zu beginnen. In unsere Hände ist das Leben gegeben."

(Aus "Geist der Utopie" von Ernst Bloch)

alles, was der mensch sich vorstellen kann, ist möglich

aus dieser überzeugung heraus werden hier die mannigfaltigen möglichkeiten der zukunft visioniert, erzählt und gesammelt.

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